21.12.2011

Ein Telefonat

Wenn ich meine Freunde in Italien telefonisch erreichen will, geht das am Besten, wenn sie gerade beim Mittagessen sind. An sich vermeide ich es natürlich, denn wer will denn gerne beim Essen gestört werden. Aber heute MUSSTE ich eine Ausnahme machen und tat es auch mit gutem Gewissen. Ich wollte nämlich meinem WG-Freund Gianni mein Beileid aussprechen. In unserer WG wurden wichtige Telefonate immer am Mittagstisch angenommen, denn das war die Zeit, wo wir alle zusammen waren. Und da jeder am Leben der anderen teilnahm und die Familien sich auch untereinander kannten, gab es kaum Geheimnisse zwischen uns.

Gianni freute sich sehr, dass ich mich meldete und wir hatten ein wunderschönes Gespräch. Obwohl seine Kinder in der Nähe leben, will er in der WG bleiben. Dort wird ja immer für ihn gesorgt, wenn er es nicht alleine schafft.
Gianni ist ein zutiefst gläubiger Mensch und als solcher hat er auch den Tod von seiner Livia akzeptiert. Nur müsse er noch darüber hinwegkommen, dass es so plötzlich in der Nacht geschah, als er ihr für ihren Husten einen Tee gegeben hatte. Nachdem sie ihn getrunken hatte, schloss sie für immer ihre Augen. Er leide darunter, dass er keine Hilfe hätte holen können, denn alles ging so schnell. Als ich ihm sagte, er habe Livia damit einen KH-Aufenthalt erspart und alle Strapazen und Aufregungen, die mit solcher Aktion verbunden sind, beruhigte er sich. Denn was kann es im Grunde Tröstlicheres geben, als im eigenen Bett bei liebevoller Fürsorge aus dem Leben zu scheiden.